Ja, ja, alles schon gehört: Moodle ist altbacken, Moodle ist sperrig, kompliziert, unübersichtlich – die Liste der (Vor)Urteile ließe sich fast endlos fortführen. Dennoch möchte ich den Versuch unternehmen, die Vorteile von Moodle an den Mann bzw. die Frau zu bringen.

Seit ein paar Wochen beschäftige ich mich intensiver mit Office 365 für Bildungseinrichtungen sowie Microsoft Classroom. Zugegeben, da gibt es einige wirklich nette Features zu entdecken und optisch ist das allemal ansprechender als Moodle, doch im „Test-Einsatz“ kamen mir – Kurt Söser möge mir verzeihen – laufend Adjektive wie „sperrig“, „kompliziert“ oder „unübersichtlich“ in den Sinn, was ein weiterer Grund für mich ist, für Moodle eine Lanze zu brechen, denn vieles, was mit Office 365 geht, geht auch mit Moodle – und das oft sogar mit weit weniger Klicks (und ohne eine unüberschaubare Anzahl geöffneter Tabs).

Wie komme ich zu Moodle?

Voraussetzung, um Moodle nutzen zu können, ist natürlich, dass man eine Moodle-Instanz zur Verfügung hat. In Österreich bieten inzwischen einige Bildungsinstitutionen kostengünstige (teilweise sogar kostenlose) Moodle-Lösungen für Schulen an. Da ist z. B. lernplattform.schule.at zu nennen. Je nach Schultyp bewegen sich die Kosten von kostenlos bis 250 € pro Jahr (für die gesamte Schule!!!). Das Land Vorarlberg bietet über den Vorarlberger Bildungsservice (VoBS) Schulen ebenfalls eine kostenlose Nutzung an. Andere Bundesländer haben sicher ähnliche Angebote. Wie es in Deutschland und der Schweiz aussieht, kann ich nicht beurteilen, weiß aber zumindest, dass Bayern mit Mebis eine Lernplattform anbietet, die auf Moodle basiert, und dessen Nutzung für alle staatlichen Schulen in Bayern kostenfrei ist.

Sollte keine Möglichkeit bestehen, über die Schule an eine Moodle-Installation zu kommen, kann eine Lehrperson auch auf kostenlose Angebote wie MoodleCloud und Gnomio zurückgreifen. Zwar sind diese Angebote mit gewissen Einschränkungen verbunden (Teilnehmerzahl, Werbung…), jedoch bieten sie einen guten Einstieg in Moodle. Für Menschen, denen Begriffe wie „php“, „SQL“ oder „FTP“ nicht fremd sind, besteht natürlich auch die Möglichkeit, Moodle auf einem eigenen Server zu installieren, so wie ich das z. B. für unsere Schule gemacht habe. Allerdings rate ich jedem, der sich mit diesem Gedanken spielt, im Vorfeld ein Gespräch mit seinem Hosting-Provider zu führen, da Moodle einige spezielle Server-Einstellungen benötigt, die nicht automatisch bei jedem Hosting-Anbieter vorhanden sind. Der Zeitaufwand für die Pflege und Wartung (Updates, Administration usw.) sollte dabei auch nicht vergessen werden. Also unbedingt vorher die anderen Möglichkeiten in Betracht ziehen, bevor man über diese Option nachdenkt.

Und wie sieht jetzt der praktische Nutzen von Moodle im Unterricht aus?

Ich bezeichne Moodle gerne als Eierlegendewollmilchsau, darum ist es gar nicht so einfach zu beantworten, worin der „Mehrwert“ von Moodle im Unterricht für die jeweilige Lehrperson bestehen kann, kann aber zumindest schildern, wofür ich es nutze. Für alle meine Facher, die ich unterrichte, habe ich einen Moodle-Kurs auf unserer Lernplattform erstellt. Diese Kurse enthalten die gesamten Lerninhalte in Form von Lerneinheiten und/oder Videos (in Kombination mit dem H5P-Plugin) zu den einzelnen Unterrichtsthemen, alle Merkstoffe sind auf der Lernplattform zu finden und am Ende eines jeden Themas finden die Schüler/innen „Selbsttests“, mit denen sie überprüfen können, ob sie die Lerninhalte verstanden haben. Ergänzt wird das Ganze je nach Fach noch mit Glossaren (Eselsbrücken, Fachausdrücke…) und Newsfeeds. Durch die automatische Auswertung der Lernaktivitäten habe ich auch immer einen Überblick darüber, was von den Schüler/innen bereits gemacht wurde und was nicht.

Ausreden wie „Ich hab das noch nicht nachgeschrieben, weil ich krank war“ gibt es bei mir nicht, da jede/r kranke Schüler/in die Möglichkeit hat, die Merkstoffe auszudrucken und ins Heft zu kleben. Schulische Termine wie Schularbeiten usw. werden im Moodle-Kalender angezeigt (der bei mir letztlich nur wieder eine Verknüpfung zu meinem Google-Kalender ist und somit auch keine zusätzliche Arbeit darstellt), womit Schüler/innen auch terminlich immer auf dem aktuellsten Stand sind.

Neben der Nutzung im Unterricht verwenden wir Moodle an unserer Schule auch für die interne Lehrer-Kommunikation. So haben wir eine „Informationsdrehscheibe“, in der sich die Lehrer/innen austauschen können und wichtige Informationen aus der Direktion abgelegt werden. In den Hauptfächern stehen zudem noch „Koordinations-Räume“ zur Verfügung, wo z. B. interessante Links, Arbeitsblätter und Unterrichtsmaterialien getauscht werden.

Ist das nicht ein enormer Arbeitsaufwand?

Wer innerhalb kürzester Zeit alle seine Lerninhalte in Moodle bereitstellen möchte, muss natürlich mit einem sehr großen zeitlichen Aufwand rechnen, doch Rom wurde bekanntlich auch nicht an einem Tag erbaut. Nimmt man sich allerdings die Zeit, einen Moodle-Kurs nach und nach zu entwickeln, auszubauen und zu ergänzen, entsteht mit der Zeit eine sinnvolle Ergänzung zum Unterricht und der Zeitaufwand hält sich entsprechend in Grenzen. Zudem gibt es Websites, die fertige Moodle-Kurse zum Import anbieten, die dann „nur“ noch an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden müssen. Als Beispiel möchte ich den Kurs von Saferinternet.at und die Kurse vom Vorarlberger Bildungsservice (VoBS) nennen.

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